Nachdem Mulholland Drive schon einige Tage online sein dürfte, hier nun die filmgewordene V8-Irrfahrt, passenderweise aus dem Jahre 2006, als der V8 meines Cousins leider zerbrach ;-) :
Inland Empire!

Welten der Zeiten sollten vergehen, lange schob ich (aus diesem nachfolgenden Grunde beschränke ich mich auch eher in aller erdenklichen Kürze darauf, die erzeugte Stimmung zu beschreiben, eher weniger dagegen, beziehe ich mich auf die vermeintlichen Inhalte im eigentlichen Sinne) das nicht erst unlängst vor meinem geistigen und seelischen Auge zu schweben begonnen habende Filmprojekt „Inland Empire“ vor mir her, verängstigt gar, könne man solch sagenumwobenen Labyrinthen des Denkens, Fühlens, Spürens, Erlebens und schauspielerischen Strebens doch auf schriftlicher Ebene ohnehin nicht ansatzweise gerecht werden, da es sich schlicht und ergreifend um einen jener Filme handelt, die zu erleben es sich ausschließlich dann lohne, widme man sich ihnen mit voller Hingabe und Aufopferungsbereitschaft – eine schriftliche Aufarbeitung in Form einer „textlichen Darbietung“ wird somit zum Scheitern verurteilt sein, entspricht aber dennoch dem, was ich sogleich anzustreben versuche.
Breiten wir uns nunmehr gemeinsam auf dem Altar der Rätsel aus, lasset uns gedanklich dahingleiten und unseren Weg im Nirgendwo finden …

Gigantomanisch große Räumlichkeiten empfangen uns und erzeugen psychedelische Empfindungen der Schwerelosigkeit, bizarre Farben betäuben das Innere unserer Augen, absonderlich anmutende Hasenkostüme (!) bedecken die Identität des weitestgehend unbekannten protagonisten-bezogenen Ichs und ein fast gänzlich als stumm zu bezeichnender Beginn, läutet ein Werk ein, welches wenige Dialoge, wie sie aber dafür umso komplexer erscheinen, kaum verständlich vortrüge, uns geleitend in einen entsetzlich langen Flur der Ungewissheit, surreale Winde spürend, Gesichter und Visagen geschickt verdeckend , all dies zunächst nicht ohne des Verzichtes auf Schwarzweißbilder zu entbehren, wir entledigen uns somit zunächst nicht der Farblosigkeit.
Alles verschwommen, erdentrückt sanftmütige Musik der Magie umschmiegt unser Gehör und könnte man das Innerste einer Psyche mit kinematographischen Bildern gleichsetzen, so sähen sie aller Vermutung nach zu urteilen so aus, wie es die abstrakte Kunst Inland Empires darzustellen vermag.
Ein Drehbuch im herkömmlichen Sinne einer entwirrten Struktur, lag dem Meister diesmal mitnichten vor und auch seine eigene Federführung scheint nicht die zu sein, unter welcher er im Vorfelde ein klares Netz gewoben, böse Zungen würden gesponnen sagen, zu haben scheint, vielmehr heißt es, schenkt man dem Gemunkel Glauben, er habe – und so fühlt sich das Werk auch wahrlich an – erst am Tage des Drehens am Set Platz genommen und sich in kreativen Gedankenfluten der Spontanität einen Entwurf für die sogleich zu drehende Szene ausgemalt, ein ähnliches Konzept soll im Übrigen auch einstmals in den 70er Jahren ein gewisser Louis Malle verfolgt haben, „Black Moon“ der Titel des entsprechenden Versuchsballons , dessen dichte Atmosphäre und vielschichtige Brillanz bis zum heut'gen Tage ihresgleichen suchet und dabei nur bedingt fündig wird.
Eine dunkel ausgeleuchtete Räumlichkeit werde nunmehr gefilmt von unten, es werde Licht und das „Tier“ entschwinde, kleine Puzzleteile und Versatzstücke schier unlösbarer Rätsel, werden fast unsichtbar verstreut und verteilt wie kleine Brotkrümelchen, wie wir sie schlicht und ergreifend nur unbewusst und unauffällig wahrzunehmen imstande sind, wir wissen dass sie vorhanden sind, entdecken aber nicht den Ort ihres Daseins.
„Ich verstehe vollkommen“, sprach es in -aus vorheriger Sicht- nicht allzu ferner Bälde aus dem Munde eines einzelnen Protagonisten – bedauerlich (oder doch erfreulich) nur, dass wir ihm in keinster Weise werden beipflichten oder gar uneingeschränkt Zustimmung schenken können, denn wir, die wir diesen Filmstrudel über uns ergehen zu lassen bereit sind, uns sozusagen freiwillig als Opfer zur Verfügung stellen, können eines garantiert nicht von uns behaupten:
„Wir verstünden vollkommen.“
Alles befände sich unter der Oberfläche, sei symbolisch, entfalte alptraumhafte und doppelt verzerrte Begierde...
Ein Teppich so gigantisch groß wie das räumlich so breitflächige Herz der Finsternis, eine 'neue Nachbarin' so aufdringlich und unangenehm wie jene in einem Polanski-Film (oder siehe auch die mit derselben Dame aufwartende Hommage in Form des Films „the glow“), sei es nun Ruth Gordon in Rosemary's Baby, oder aber im Grunde genommen so gut wie JEDER Nachbar aus „Der Mieter“, jawohl, werte Freunde der Nacht, es scheint gar, als erhöbe sich ein Monsieur Zy allein für uns aus seinem Grabe, um uns über die Schulter zu schauen und uns streng zu begleiten auf dem Wege in das alles enthaltende Nichts, drum fühlet euch belästigt und kommet euch vor, als bestünden bestmögliche Gründe zur Beunruhigung und Besorgnis – und damit sollten Sie befürchtungstechnisch auch recht behalten....

Stille der Vollkommenheit, bizarre Nahaufnahmen scheinbar belangloser und doch irgendetwas enthaltender Gegenstände, Visagen verzerrten Grauens, Film-im-Film-Szenarien , deren Suggestivkraft uns in die bedrohlichen bis gar unendlich befremdlich anmutenden Welten lockt, so wie etwa ein rotfarben kopfbedecktes Kind in einen dunklen Wald läuft und sich auf direktem Wege in die Fänge des faszinierten „Feindbildes“ begibt, sind es hier nun die „Erwachsenen“, die wieder so ängstlich wie ein Kind im Walde sein dürfen, denn Angst verbindet uns, ob Jung ob Alt, ob schön ob unschön, sie ist allgegenwärtiger Bestandteil und in manchen Momenten sogar vonnöten...
Lasset euch in eine versponnene Vergangenheit geleiten und vergesset eine jede „logische“ Zeitrechnung um euch herum...
Verworrene Inbegriffe der Irritation umkreisen unser Herz in Wonne und Schmerz und entbehren aller Sonnenstrahlen , „...ich habe das Gefühl, wenn es 9:45 Uhr wäre, dächte ich, es sei Mitternacht“, uns gekonnt in die Irre und Ratlosigkeit führende Zitate dieser Art etwa, zögen sich wie ein blutunterlaufen-rötlicher Faden durch den gesamten Film und ausschließlich die Figur von Laura Dern („Blue Velvet“) scheint unseren reichlich verschachtelten Abwesenheitszustand des „klaren“ Bewusstseins zu teilen .
Wir befinden uns in gewisser Weise inmitten Hollywoods , wohnen aber gleichsam der weltgewordenen Hölle bei, die sonnendurchflutete Scheinwelt dortiger Lebens- und Filmexzesse , widerspricht in ihrer bemerkenswert bunt blendenden Erscheinung in geradezu krassen Kontrasten der Dunkelheit, die zu verspüren unser Auftrag sein wird, Jeremy Irons überzeugt Laura, wahrlich (zu!) tief in das neue (innerhalb des Films Gestalt annehmende) Filmprojekt einzutauchen, selbige Produktion stünde aber einer makabren Vergangenheit wegen ohnehin schon unter einem etwas ungünstigen Stern der Mysterien unaufgelöster Art …
Scheinwelten voller Glanz, geradezu grotesk erscheinen sie ob der allgegenwärtigen Düsternis und angesichts der bereits beschriebenen Dunkelheit, erst die Kontraste machen einen Alptraum zu einem ebensolchen, sei es jener, zur morgendlichen Stund' zu erwachen und zu bemerken, dass es „nur“ (wieso eigentlich nur?!, reicht das etwa nicht?) ein Traum war, oder aber auch die bizarre Wandlung, innerhalb des Traums sowohl Grässliches als auch Bildschönes zu erleben.
Blutunterlaufene Wände, Lichter des Grauens, ein Meer aus Fragen, „grauenvoll ist eine unzureichende Beschreibung“ - diese Worte beschreiben (übrigens durchaus positiv), ironischerweise mal wieder innerhalb des Films selbst, jenes Werk, welchem wir gebannt beiwohnen und folgen und welches sich über sage und schreibe drei volle Stunden erstreckt.
Wie in „Mulholland Drive“ sind es Filmszenen, gespielt IM Film, die alledem den in verdoppelter Darstellungsweise in Erscheinung tretenden Fiktionscharakter verleihen und angedeihen lassen, ohne aber die schauspielerische Verbindung zum menschlichen Original der Figuren abhanden kommen lassen zu müssen, hier nun jedoch scheinen diese so oft meinerseits zur Erwähnung gebrachten Film-im-Film-Elemente eine umfangreichere Sprache zu sprechen, denn waren es in Mulholland Drive nur einzelne davon betroffene Szenen, verschmelzen wir hier nun regelrecht DAUERHAFT mit dem „Gespielten“...
Einem extrem langsamem und grenzenlos ausgedehnten Aufbau geben wir uns gefühlte Monate über hin – und doch möchte ich keine einzige Minute missen müssen, denn das Märchen der verfluchten Vernichtung geleitet uns spannender Erzählung in die Tiefen der (Todes-)Vorgeschichte des unvollendeten Filmprojektes, gnadenlos verzerrte Nahaufnahmen im „Leichenverbrenner“-Stil (1968) untermauern berechtigte Ängste Ihrer- und meinerseits und treffen uns inmitten des Kerns unserer selbst, prallen weder ab, noch verlassen sie uns umgehend, sondern sie bilden einen lebhaften Teil von uns, wirken nach, vergraben sich tief in unserem Unterbewusstsein und residieren dort mit dem größten Vergnügen.
Wie so oft, spüren wir Davids herzergreifend stark ausgeprägte Liebe zum ehemaligen Hollywood, „there is a kind of creativity in the air“, sagte er einstmals über Los Angeles und spürt den dortzulande allgegenwärtigen Drang nach filmischer Umsetzung von Ideen – völlig unabhängig davon, ob dies in Hollywood denn überhaupt regelmäßig gelänge, bedauerlicherweise muss man David diesbezüglich nämlich als einsames Ausnahmetalent wahrnehmen, oder aber die Studios lassen dergleichen nicht bei jedem Visionär auch wirklich zu und beschneiden und berauben die Denker ihrer Ideen sowie innerer Konzepte…
„Es gibt ein Meer der Möglichkeiten“ - diesen Satz können wir zweifelsohne auf alle interpretatorischen Zusammenhänge des entsprechenden Films übertragen und kämen dennoch zu dem Resultat, dass es gar mehr ist als ein Meer, denn wo das Meer noch Grenzen kennt, diese in sich trüge und eines Tages endet, etwa am Strande, sind den Interpretationsversuchen Inland Empires wahrlich KEINERLEI Grenzen gesetzt, denn nichts ist nicht abstrakt, nichts entbehrt der Verwirrung, nirgends finden wir einen Anhaltspunkt, der uns in eine auch nur ansatzweise sichtbar deutliche Richtung führet, von glas- und kristallklaren Erkenntnissen und unbestritten unmissverständlichen Erleuchtungen ganz zu schweigen, denn solche bedürfen gar nicht erst des Gesuchtwerdens, würden Sie doch eines Tages verzweifelt aufgeben und gäben sich geschlagen, auch nur dem Hauche einer Spur zu begegnen...
„Manchmal sagen die Leute nicht das, was sie meinen – SIE haben sich dessen den ganzen Abend über schuldig gemacht.“
Ein einziges bizarres Schauergemälde, dieser Film der feenhaften Schönheit einerseits, der todesgleichen Ungewissheit auf der anderen Seite des Lebensufers , ist eine ERFAHRUNG.
Der schwülstig-unnatürlich inszenierte Kitsch einiger weniger Passagen, wie sie aber zugleich auch, wer wisse das schon, den Film des Films abbilden könnten, liegt eigentlich (ähnlich wie etwa bei De Palma, der mit solchen Stilmitteln ebenfalls nur „spielen“ möchte) unter dem filmischen Niveau eines solchen Meisterregisseurs , doch wie beispielsweise auch bei Polanskis bereits erwähntem „Rosemary's Baby“ die idyllische Seifenoper-Fassade nur mörderisches Mittel zum Zweck sein möchte und somit der Drastik umso dienlicher ist, bedient sich auch Lynch solcher Albernheiten , um die sich aufbauenden Arabesken atemberaubenden inneren Irrsinns intelligent in ihrer Wirkungsentfaltung zu fördern und damit zusätzliches, sonst abhanden zu kommen drohendes, Potential freizusetzen...
Kronleuchter chronischen Unheimlicherscheinens , ein Kaminfeuer erwärmter Romantik im Raume der Dunkelheit, unser Universum als verworrenes Schattenreich jenseits irdischer Daseinspflicht.
Es ist nichts Geringeres als der lange und schmale Flur eines lachenden und sich arrogant über unser Wissen hinwegsetzenden Alptraums, getränkt in kryptische Botschaften und Schriftzeichen der mitnichten zu entschlüsseln möglich seienden Art...
Ähnlich dem besagten „Mieter“ (1976) sehen und erblicken wir einen Mann hinter einer Art Fenster und stellen uns abermals, stellvertretend natürlich auch für eine jede andere zu verarbeitende Szene, die Frage, wo uns die erste so mühselige Filmstunde denn nun hat hinführen wollen, alles begann vergleichsweise zurückhaltend, sich ausschließlich im Kopfe abspielend, von hier und nun an jedoch, präsentiert sich Inland Empire in einigen visuellen Einfällen und Untermalungskünsten fast verstörender als jedes nebeldurchtränkte Silent-Hill-Abenteuer interaktiver Art, Herz der Finsternis oh öffne die Pforten der Nacht und entführe Sie und mich, VERführe uns auf so komplizierte Art und Weise wie nur irgend möglich, äußerst neugierig warten wir schließlich auf die inexistente Auflösung.
„Schau uns an und sag uns, ob du uns früher schon einmal gekannt hast. - Es gab einen Mann, der wusste es einst ...“
Wusste was?
Wer ist er?
Wer sind sie alle, diese Damen, deren Stimmen dann ertönen, wenn die Schatten der Vergangenheit das Herz der Gegenwart überdecken?
Die Träne der sichtlich vorhandenen Verzweiflungszustände beeinflusst werdenden Bewusstseins, lässt unser Auge in ihnen schwimmen, das Schachspiel der Symbolik ist derart „strange“, dass dieses Wort auch im Gesang erklang und das Lied entsprechend an- (und darauf ab-)gestimmt worden ist, schon der Trailer wird mithilfe selbiger Klänge angenehm „versüßt“.
Nahezu nacktes Fleisch nunmehr dem Furchtsinne des unendlich langen Winters ausgedehnter Nächte ausgesetzt..., abermals begeben wir uns in das farblose Schwarzweißkostüm und der Film führt uns (in einen jeden Zündmechanismus psychischer Ausbrüche beschleunigt herbeiführender Form) in die Welten des keineswegs vorhandenen Frohsinns ein – nicht dass er zuvor vorhanden gewesen wäre...
Ein beängstigendes Anwesen befindet sich auf der anderen Seite unseres Sichtfeldes , Lynch feiert und zelebriert die erreichten 30 (Bestands-)Jahres besagten Mieters und verliert sich in Anspielungen, versteckt platzierten Kleinigkeiten und nicht zuletzt, wie so oft, einem ähnlichen Aufbau brillanter Tricks und Spielereien , stets im Dienste dessen, unserem Unterbewusstsein fast kindlich freche Streiche zu spielen, herrlich erfrischend, überraschend, überragend, überwältigend, überlebensgroß, kurz: ein Überfilm .
Zahlreich vorhandene (durchaus viele an der Zahl) Szenen wirken in ihrer eigentlichen und auf den ersten Blick gar noch so unauffällig unspektakulären Art außerordentlich normal und sehr alltäglich, doch gerade und insbesondere diesen vermeintlich psychologiefernen Sequenzen wohnt ein erschreckender Endzustand inne, die menschliche Gestalt angenommen habenden Figuren der Andersartigkeit, agieren in solch einer sagenhaft-selbstverständlichen Perfektionsmotorik (vor allen Dingen bezöge sich diese These auf die „Hasen“), dass die scheinbar frei von jedem spannenden Geschehen seienden Szenen oftmals jene sind, deren im Detail verborgene Bild- und Aktionsgewalt uns besonders zu prägen und in Erinnerung zu bleiben vermag, geruht doch ein Werk wie dieses niemals eine geruhsame Nacht ins Leben zu rufen, sondern die innere Stimme selbst dann noch die Rede fortsetzen zu lassen, wenn alles andere in uns bereits in den Schlaf zu fallen drohet und das ursprüngliche Podium nicht mehr sicher steht.
Alte und reichlich betagte Möbelstücke dominieren den Braunstich des Bildes, nie wissen wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, ob wir im Film des Films des Films (…) eine Szene sehen, oder ob ein gewisser nicht näher zu erläuternder (da inhaltlich unbekannter) Teil der sogenannten und vor allen Dingen SCHEINBAREN „Realität“ abgebildet wird...
...und in immer wiederkehrender Neuerscheinung erleben wir diesen stummfilmartig irreal beleuchteten und kunstvoll von A bis Z durchkolorierten Raum der „häslichen“ (nicht hässlichen, gemeint ist genau das, was gesagt wird: häslichen) Welt, mündend in Exzesse des katastrophal ungesunden Klanggewitters …
Blutrote Vorhänge der sonderbaren Schönheit entwickeln das Fiktionspotential einer Bühne und doch wirkt deren Aufführung, für welche sie genutzt wird, in ihren gnadenlosen Entfaltungen allen Unheils ungemein real und „greifbar“, nicht zu begreifen sei dagegen alles andere...
Rätselhaft angstdurchtränkte Erzählungen Lauras führen, d.h. in diesem Falle gar in ordinär-gleichgültig vorgetragen werdender Form, u.a. in die Abgründe einiger traumatischer Vergangenheitsgeschehnisse , entfachen dürfen sie nunmehr, diese geradezu grotesken Schwankungsprozesse , angesiedelt irgendwo zwischen dem Monde der Stille und der fast lächerlichen Frohsinnsinszenierung Hollywoods, in welcher alles zum Geschäfte verkommt....
Alles ist entschwunden, nichts lebet mehr, der letzte Tanz bittet um unsere Anwesenheit, die Todesglocke läutet zum letzten und zugleich ersten Male, ein Telefon es klingelt in „Audition“-gleicher Intensität, Gelächter löst sich in Ratlosigkeit auf, Rätsel umkreisen rabiate Geschehnisse des Brachialen und betören die Wange des Todes mit dem letztverblieb'nen Kusse der Zuneigungsbereitschaft ...
Es handelt sich um einen Film der Orientierungslosigkeit , Lynchs einziger Orientierungspunkt scheint jener gewesen zu sein, einer Orientierungsfindung im eigentlichen Sinne grinsend Adieu zu sagen und eine solche somit gar nicht erst anzustreben, denn alles was sein Handlungskompass wissen möge, sei doch bitte in erster Linie, dass eine Vergangenheit grundsätzlich nicht gänzlich abgeschlossen-, eine Gegenwart noch nicht ganz angebrochen- und eine Zukunft ohnehin VÖLLIG UNGEWISS sein müsse, groteske Gesichter sie schweben aus allen erdenklichen Richtungen ruhig und doch stürmisch herbei, erzeugen einen menschlichen und fleischgewordenen Norden der Kälte und zeigen hinauf zum Himmel, alle der Deutung wegen von Bedeutung seienden W-Fragen geloben feierlich, bis ans Ende aller Tage unbeantwortet zu bleiben.
Rostige und unschön anoxidierte Türen uns in Schächte, Nächte und innere Gefechte führend, Unbehagen wir es spürend, Wege dem Jenseitse so nahe …
Ein Ausgangspunkt der erzählerischen Wiedergabe all dessen, was wir soeben aufnahmen im Soge der Nacht, bliebe als solcher so unklar und unkenntlich wie ein gänzlich ausradiertes Bild, mehrere visuelle Schichten dringen gleichzeitig in uns ein und prasseln wie Hagel darnieder, Schatten folgen der Fährte unseres Bewusstseins, „schon komisch die Menschen, jeder hat da so seine Besonderheiten, lebt auf seine Art“, sprach es aus dem Munde der Dame in Blond und in der Tat:
Wenn es einen einzigen Film gäbe, der er es sich gestatte und erlaube, er selbst zu sein und rücksichtslos sein undurchsichtiges Programm zu verfolgen, so sei und wäre es dieser!
Des nächtens der Rausch des Nichts und nicht vorhandenen Lichts..., diese Abwesenheit allen Seins.
Das Nichts ist eine nichtige und gleichsam doch so wichtige Illusion – es gab nie ein Nichts, auch gegenwärtig existiert es „mitnichten“ und künftighin wird es ebenso inexistent sein wie zuvor, denn in jedem Nichts steckt ein Etwas und in jedem Etwas leider auch ein Nichts, nur eben nicht das Nichts im eigentlichen Sinne des Nichts, sondern eher ein Nichts, welches es nicht mit jenem Nichts zu vergleichen gälte, welches es nicht gibt...
Stimmungen benötigen keine Inhalte, sie SIND die Inhalte, personifizieren sie gar womöglich und erzeugen aus einem „Nichts“, da hätten wir auch schon wieder dieses nicht uninteressante Wort, eine Kette der Ereignisse , Gefühle und schwebenden Illusionskräfte.
Es naht sogleich eine in keinster Weise hörbare , gar unendlich laufruhige Audi-V8-Fahrt im finst'ren Walde, der Weg als einzige Lichtquelle, um uns herum nur Gottes Natur und Teufels Schatten, hier und im endlichen Zuge dieser Szene, wird erstmals wortwörtlich auf „Inland Empire“ hingewiesen, worin auch immer im Detail der Angstmord stecke und in welchen kryptischen Wundern sich all dies auch ergründen mag, nun, uns bleibt wohl kaum etwas anderes übrig, als dem Wege zum Fragezeichen zu folgen, der er uns alles mit einem Schulterzucken versehen lässt, denn das (ohnehin überschätzte) Wissen im ursprünglich erdachten Sinn einer klaren Definition, suchen wir nach wie vor vergebens, befinden uns weiterhin im vollen Gange des Darauf-Hinstrebens und gedanklichen Arbeitens.
Wabernde Nebelschwaden poetisieren das sowieso schon so sagenhafte Geschehen, die dezente Sonne überblendet die klavierdunkle Lackschicht der leise dahingleitenden und schweren 250-PS-Limousine nur sehr leicht und der Tag scheint geradezu erfreut zu sein, dem Untergange geweiht sein zu dürfen, die Ehre und das Vergnügen sind, liegen und schweben ganz auf unserer Seite.
Töne der Erleuchtung oder eher welche der verstörenden Zerstörungszeremonie ?!
Was um alles in der Welt will uns das Werk mitteilen?
Mitternachtskerze sie brennt (uns auf der Seele), Nachtgedicht du erklingst , du singst, du ringst um Ehre erhabener Stundengunst .
Die bereits beschriebenen Bewegungsabsurditäten der kostümierten und motorisch unnatürlich perfekt agierenden Figuren finden abermals Verwunderung in unserer Seele vor, fast fremdgesteuert erscheint ihre auf Roboterkommando zu reagieren scheinende Welt präziser und exakt nach Plan ablaufender Vorgänge, das Licht entweiche nun und lüde damit ein jenes Gewitter der langsamen und ironischerweise zugleich so schnellen Schnitte ein, das unsanfte Unwetter also, das wir alle befürchten, uns des Seelensturms wegen aber gleichsam erhoffen, denn Inland Empire nimmt an Fahrt auf, beginnt endlich mit dem, was ich schon so lange versprach:
Gnadenlos zu sein!
Ein nächtlicher Neon- und Lichterdschungel (man könnte glauben, man befände sich in Las Vegas, dort gäbe es für diesen herrlichen Unfug und dergleichen mehr gar ein eigenes Museum …) prägt maßgeblich unsere alsbaldig noch deutlich verstärkt werdende Orientierungslosigkeit, gleichwohl wir uns an selbige langsam gewöhnt haben dürften, die dritte und letzte Filmstunde finaler Verluste und Verzweiflung, wird in Kürze voll im (vierten) Gange sein und fährt leise durch den vergangenen und nächtlichen Winterschlaf, alles gleicht plötzlich einem früheren Leben, kann es solch finstere Überbleibsel aus einer Zeit vor dem Hier und Jetzt doch unter mysteriösen Umständen durchaus geben, oder?
Die Kutsche als Relikt der Vergangenheit, sie führt uns durch das Herz der Schmerzen und durch die Seele der Menschheit, wie aus dem Nichtse heraus taucht die unfrohe und mit nur wenigen Freuden zu verkündende Botschaft auf, Lauras Sohn sei tot und weile dementsprechend nicht mehr unter den Lebenden, sondern unter den Engeln, demnach den Schwebenden.
Lichter...,
ein filmischer Drogenrausch der Bilder...
„Hey Lady, Sie sterben“, in völlig deplatzierter Selbstverständlichkeit, wird uns das Unvermeidbare und Unumgängliche (obgleich ich ja nicht an negative Folgen nach dem Tode glaube, sondern eher daran, dass die eigentliche Herausforderung der Unmöglichkeit im Leben läge) wie selbstredend vorgetragen, selbst direkt neben den Sternen Hollywoods, sind es nicht die sonnigen und wonnigen Scheineffekte, die das Geschehen dominieren, sondern die Sterbenden und Dahinschleichenden werfen ihren leblosen Schatten über eine Welt, deren illusorische Inszenierung endgültig durchbrochen wird.
Es herrschen stets:
Angstvolles Leid, resultierend aus entsetzlichem Elend; Endzeitszenarien innerer Unvollkommenheit sowie nicht zuletzt die obskuren Wunder verwundbarer Menschen in einer Welt, wie sie sichtlich Spaß daran zu haben scheint, ihren Dolchstoß vergnüglich in die unseren Richtungen zu lenken.
Ein asiatisches Mädchen süßlich-niedlichen Blickes, wird in alsbaldiger Zukunft zur Zeugin einer Erleuchtungsflamme , Inland Empire ist der Schlüssel zum Unglück, oder befinden wir uns, was sich zu späterer Stund' bewahrheiten soll, auch hier „nur“ in einer Filmszene, welche vom Engel der Furcht zum Leben erweckt wird, ja gar erkoren zum unsterblichen Krebsgeschwür in der Seele unserer selbst?
Schlafwandlerische Inszenierung am Rande eines jeden menschlichen Bewusstseins, bizarres Mitternachtskino im Geiste der Unklarheit und im Dienste der Rauschzustände, Laura alsbald allein im Kinosaale , ja gar so entgeistert betrachtet sie ihr Spiel auf der vor schauspielerischer Kraft glühenden Leinwand – wie auch wir in der (tatsächlichen) Leinwand unseren liebsten Feind gefunden haben dürften, denn Inland Empire ist das schmackhafteste Gift, welches sich ihr Inneres nur vorzustellen vermag....

Das blaue Leuchten trägt uns von Visionserscheinung zu visionärer Vollkommenheit, ebendiese Visionen wachsen, gedeihen, breiten ihre Flügel aus und mögen weiß Gott nicht dieser beraubt werden, zumal ... flögen sie nicht mehr, wären sie nicht mehr sie selbst.
Tief grübe sich unser Irrlicht von Ich durch den klaustrophobisch engen und pechschwarzen Tunnel des Todes, unaufhaltsam beginnt der Film an heilig heller Fahrt (abermals wohlgemerkt) aufzunehmen, alles flimmert sich zu Tode, nichts wirkt „gesund“, Grenzen gibt es nicht die leisesten , es folgen kaum mehr hörbare Gesänge und Klänge der „Fröhlichkeit“ und eine gewisse Nastassja Kinski, auch noch im Jahre 2006 eine Augenweide, wie sie in Bälde einen Gastauftritt ihr Eigen wird nennen dürfen, bittet Sie anmutig zum Tanze der Vollendung .
Zuvor kehren einige vorherige Bilderfluten des Films, bedeckt von einem sanften Schleier der Erinnerungskraft , zurück zu Ihnen ins Gehirn, zudem scheinen wir ein paar Damen zu erblicken, die an frühere „Lynch-Ladies“ erinnern, oder in einem Falle gar eine solche SEIN könnten, öffnet euch noch ein letztes Mal einem Filme, dessen Brillanz Berge versetzt, spüret einmal mehr, weshalb es mir ein Anliegen war, all dies ohne Rücksicht auf Verluste niederzuschreiben, lange Rede, kurzer Sinn:
Tretet ein in die hübsch eingerichteten Grabkammern des Jenseits!

Perlen funkeln im Dunkelreiche,
Dame du bist den Weg gegangen,
ich nicht mehr von des Filmes Seite weiche,
auf dass zum Ziele wir gelangen.

Was Lynch uns bot,
was Inland uns erbracht,
was im Empire erschien so blutartig rot,
das war der Film dessen Schicksal erwacht, entfacht und über unsere Leiden lacht, uns sprachlos hat gemacht !


Der Audi V8 - das Faszinosum für Lebenskünstler und Individualisten