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#334772 03.06.2013 10:24
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Pooh-Bah
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Pooh-Bah
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Vor nun fast 25 Jahren, wurde etwas Großes publik gemacht:
Erstmals sah man das wahre Gesicht des seit Jahren in der Entwicklungsphase gewesenen Audi V8, des Fahrzeugs, welches trotz der 100/200-Basis eine direkte Konkurrenz und Alternative in der deutschen Fünfliterklasse darstellen sollte. Mit einem kompakten Vierventil-Triebwerk mit 3,6 Litern Hubraum ausgestattet, welches aus der Bearbeitung zweier 16V-GTI-Aggregate resultierte, versprach man sich die Kombination aus der kernig presenten Drehfreude eines Ferraris, in Verbindung mit der gediegen entspannten Laufruhe eines noblen Rolls Royce. Anknüpfen sollte er -als erstes mit Allradantrieb ausgestattetes Luxus-Vehikel- an die einstigen Erfolge der Vorkriegs-Premiummarke Horch, nicht zuletzt aus Prestigegründen.
Großes Vorhaben bei vergleichsweise wenig Image: Geht das?

Um noch vor den weiteren Erläuterungen bezüglich des High-Techs des Wagens die Frage zu beantworten:
JA, es hat funktioniert!
Zumal dieses Auto nicht ganz und gar grundlos der direkte Vorgänger des "vergnügt erprobten und anschließend gelobten"
A8 ist. Neben dem 250 PS starken Herzstück des V8 (ja, "V8" bezeichnet sowohl Motor als auch Modellnamen!), sowie dem permanenten Quattroantrieb, verfügte der anfangs -vor seiner Veröffentlichung- als Audi 300 bezeichnete Neuling der Königsklasse serienmäßig über das Sicherheitssystem Procon Ten, eine elektronisch gesteuerte ZF-Vierstufenautomatik mit drei Fahrprogrammen und Wandlerüberbrückungskupplung im dritten und vierten Gang, eine standesgemäße Aussattung, welche sogar umfangreicher war als die des BMW 750, und über eine Vollverzinkung der Karosserie mit zehn Jahren Garantie gegen Durchrostung. Interessanterweise wirkte der Wagen trotz attraktiver und mächtiger Breitkotflügel, Alufelgen mit Breitbereifung, erstmals chromumfasstem Kühlergrill und Doppelrohrauspuff, dennoch äußerst dezent und war somit von beeindruckendem, jedoch in dieser Klasse fast schon nicht mehr ganz willkommenem Understatement geprägt. Dies ließ sich jedoch nur sagen, wenn man an dem Super-Audi vorbeilief. Denn der Innenraum symbolisierte nicht gerade Sparsamkeit. Ein Wohlfühlambiente sondergleichen schaffen Holz und Leder, ein Gefühl der technischen Überlegenheit hingegen das im positiven Sinne überladene Kombiinstrument im Cockpit - mit 280km/h-Tacho versteht sich (nur der erste deutsche Zwölfzylinder verfügte bei einer Luxuslimousine ebenfalls über einen Solchen)!
Zahlreiche Knöpchen mit ebenso vielen Funktionen prägten die Funktionalität des Innenraums, welche uns signalisiert, dass wir hier in einer ehemals (mindestens!) 96.800,-D-Mark teuren Stufenheck-Limousine sitzen (optional mit Memory-Gestühl), welche vom lobenswerten Technikwahn des Hernn Doktor Ferdinand Piech profitierte. Umso unverständlicher die niedrige Stückzahl von nur 21.565 Fahrzeugen dieses Typs, Tendenz sinkend da oft geschlachtet, wertstabil und sogar wertsteigend wird der V8 allerdings in Bälde, da nur noch etwa 1000 Stück im 80 Millionen Menschen enthaltenen Deutschland unterwegs sind. Damals beschimpfte man ihn für die zu lange Getriebeübersetzung und die daraus resultierenden Riesensprünge der Drehzahl. Heutzutage ist die Masse des Volkes hingegen beeindruckt, wenn man ihr näherbringen möchte, dass der Standardsprint von Null auf 100 quasi komplett in der ersten Gangstufe erfolgt.
Die zähe und träge Fortbewegung aus dem Stand, steht im krassen Gegensatz zu dem respektabel beachtlichen Leistungsvermögen bei Kickdown aus fliegendem Start.
Denn wer das rechte Pedal als Spielzeug verwendet, der wird -gerade beim ab Modell 1992 lieferbaren 4.2- eines Besseren belehrt:
Nämlich, dass die Automatik nicht zwangsläufig allzu lähmende Wirkung auf einen sportlich-straff dynamischen Audi haben muss.
Doch erst in der 6-Gang-Schaltversion, welche übrigens die Seltenste ist, stellt die Maschine ihr volles Potenzial unter Beweis, und zwar von Leerlaufdrehzahl bis Drehzahlbegrenzer bei stolzen 6800/min, dies deckt sich ohne jeden Zweifel mit den Vorstellungen sportlich ambitionierter Fahrer! Ab 5000 Umdrehungen dominiert beim V8 -ob 3.6 Automat oder gar 4.2 Sechsgang- der Klang, welcher sich prinzipiell ohnehin vom typischen Laufgeräusch eines Achtzylinders abhebt, da er im untertourigen Bereich zwar blubbert, jedoch einen bei Vollgas verdammt giftigen und bissigen Klang hellerer Natur an den Tag legt, begleitet von einem gewissen Unterton und einer dennoch nicht aufdringlichen Lautstärke von sanfter Dezenz.
Ein absoluter Wolf im Schafspelz wird somit der um gut 30 Zentimeter verlängerte V8 L gewesen sein, von dem erwähnenswerterweise lediglich 272 Stück gebaut wurden, der Inbegriff eines Resultats aus Perfektionismus.
Bei rund 5,20 Metern Länge rechnet nun wirklich keiner mit abgeregelten 250 Kilometern pro Stunde, doch tatsächlich war selbst diese Staatskarosse noch sehr handlich, überhaupt ist die direkte Agilität beim Lenken des Audi V8 für ein Gefährt dieser Größenordnung verblüffend. Somit scheint es auch kein absoluter Zufall gewesen zu sein, dass der Audi V8 als jemals einzige Oberklasselimousine überhaupt, in der DTM fuhr! Mit sozusagen verdoppelter Leistung, einer umfangreichen Abspeckkur, sowie mithilfe von einer nochmals erhöhten Hochdrehzahlfähigkeit, gelang es der majestätischen Limousine, hier sogar mehrfach erfolgreich an erster Stelle anzugelangen.
Dass die Journalisten nicht immer nur Positives hervorzuheben vermochten, lag wohl auch sehr am "Sternenhimmel". Für den Löwenanteil der Gesellschaft, war nämlich die S-Klasse das Maß aller Dinge - die personifizierte Erscheinung eines Autos wenn man so will, und wo doch ein 500 SE sogar deutlich günstiger zu haben war, dachte nur der Individualist an den Kauf eines Audi V8.
Und da gab es ja auch noch Jaguar, der Hersteller, welcher für einen ungemein schönen XJ mit ebenfalls "nur" 3,6 Litern "nur" 75.000,-D-Mark verlangte, das waren Summa Summarum doch tatsächlich nahezu 25% weniger, als das Grundmodell des Audis kostete. Im Nachhinein hat sich aber Petit á Petit herauskristallisiert, dass der Audi V8 für die geschichtliche Historie des gesamten Konzerns von dauernder Wichtigkeit und großer Bedeutung ist, denn ohne ihn hätte die 1994 in Kraft getretene Ablösung namens A8 nicht den Erfolg feiern können, welcher diesem "Aluminumwunder auf Rädern" vergönnt war.
Jahre später wissen wir, dass selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel die regelmäßige Mitfahrt im A8 L W12 der Selbigen in anderen Fahrzeugen bevorzugt. Demnach scheinen die Audi-Ingenieure nicht nur ein hervorragend ausgereiftes Fahrzeug kreiert zu haben, auch sollte man sich anstelle von klischeehaften Aussprüchen lieber persönlich von der Technik eines Automobils überzeugen, denn auch mit dem VW Phaeton gelang Ferdinand Piech nicht die gewünschte Produktionszahl, obwohl der Über-Volkswagen zweifelsohne ebenfalls als ein qualitativ hochwertiges Automobil bezeichnet werden kann, welches seiner Zeit in mancherlei Hinsicht arg und stark voraus war und ist.
Und doch ist beim Kauf eines gebrauchten Audi V8 stets Vorsicht geboten, denn im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende, wurden nicht nur zahlreiche Audi V8 verheizt, sondern ebenso vernachlässigt, da die exorbitant hohen Unterhaltskosten sehr leicht zu unterschätzen sind, dies sollte bedacht werden, bevor man es am eigenen Leib "erfahren" muss.
Damit sind nicht nur die mehr oder weniger als 15 Liter Benzin gemeint, sondern viel eher die kritische Ersantzteilsituation dieses Exoten, sowie die Tatsache, dass man sich mit diesem Modell einen Mechanikeralptaum anschafft, da man an -zugegebenermaßen selten zu ersetzende- Teile kaum herankommt da sehr komplex und aus Platzgründen einst sehr kompliziert verbaut. Ist man sich darüber im Klaren, so dürfte es mit der interessanteste Youngtimer sein. Die "jüngsten" Exemplare sind noch keine 20 Jahre alt, können aber bei regelmäßigen Services theoretisch das Zweifache an Lebensdauer erreichen. Leider Gottes hat ein hoher prozentualer Anteil der überhaupt noch zu kaufenden Audi V8 bereits extrem hohe Kilometerstände hinter sich. Der Durchschnitts-V8 dürfte wohl etwa sieben Mal um die Welt gereist sein (!). Positiverweise gilt es aber zu sagen, dass dies nicht zwangsläufig eine Problematik darstellt, außerdem attestierte ihm die AMS im Jahre 1991 zumindest, dass er beim 100.000Km-Dauertest nicht ein einziges Mal liegen geblieben ist, durchaus keine Selbstverständlichkeit!
Besonders aufschlussreich dürfte es auch sein, wenn man einen der wenigen Audi V8 mit original Abt-Tuning ergattern kann, nicht nur der erfreulichen 300 PS wegen, sondern hauptsächlich, da dieses fast schon werksseitige Modifikationspaket ein Plus für die Wertstabilität darstellen kann.
Beliebt sind natürlich auch damals wie heute aufpreispflichtige Optionen und Aussattungsmerkmale wie beispielsweise elektrische Einzelsitze hinten. In jedem Falle ist Audi damit ein für die späten ´80er Jahre technisch futuristisches Fortschrittswunder beglückt, welches mit Sicherheit ein hohes Maß an Anerkennung verdient und hoffentlich selbst zu Zeiten des fünften A8 -bzw. S8- noch Zukunft haben wird.

Um beim Audi V8 zu einem allumfassenden Resümee zu kommen, bedarf es nicht nur der Aufzählung seiner eindrucksvollen Fähigkeiten, sondern man muss , um sich mit ihm "anfreunden" zu können, wirklich eine Passion für Autos in- und mit sich tragen.
Sofern Letzteres gegeben ist, so kann und sollte man sich mit dem Fahrzeug intensiver auseinandersetzen. Und auch wenn die Beschleunigungswerte laut Werksangabe zwischen 6,8 und 9,2 Sekunden variieren, haben alle Audis des Typs "D11" Eines gemeinsam: sie symbolisieren:
-Überlegenheit bei jeder Wetterlage und größtes Wintervergnügen.
-Ebenso gutmütige Kurvenlage wie herausragenden
Geradeauslauf.
-Ein gewisser Restkomfort trotz sportlicher Abstimmung
-Zu Wissen, dass man inmitten einer Rarität sitzt.
-Von Hochwertigkeit umgeben zu sein.
Wie hieß es doch vor 21 Jahren im Audi-Werbespot:
"Audi V8 - die andere Art des Ansehens".
Und ob es nun der inetwa 15000-fach gebaute PT (3.6) in schnell schaltender Automatikversion ist, oder ein im letzten Modelljahr mindestens 174.000,-DM teures Langmodell mit allen nur erdenklichen Features an Bord, der Wagen ist Kult und ist zumindest klanglich unverwechselbar für jedermann.
Eine damals verkannte Größe, welche aus den Vollen geschaffen wurde und nach pflegender Hand sucht, ohne deswegen jedoch gleich brav wie ein Oldie behandelt zu werden. Eine Oberklasse, welche geschätzt zu werden hat - gestern, gegenwärtig und künftig. Und wie stehen Sie dazu?

Verbindlichsten Dank, Daniel Schweikert


Nicht unwichtiger Vermerk: dieser Artikel verfügt über keinerlei Rechte oder Veröffentlichungserlaubnis für eine Fachzeitschrift, ich schrieb ihn lediglich aus persönlicher Leidenschafft für das Schreiben - sowie für das entsprechende Audi-Modell.
Auch wäre es mir eine nicht allzu kleine (daher große :D) Ehre, wenn auch der offiziell als Sandmann bekannte Jens Tanz den Artikel zu Gesicht bekäme, zumal ich seltsamerweise unter keinen Umständen mehr Zugang zu dessen Blog habe und daher gezwungenermaßen weniger bis gar nicht mit Worten malen -oder gar Bilder einfügen- konnte in letzter Zeit ...
Dieser Kurzbericht meinerseits soll obendrein auch als Ansporn für audiv8.com dienen, um sich weiterhin wohlwollend dem Audi V8 zu widmen, gebaut um gefahren zu werden!




Zuletzt bearbeitet von Danny Schweikert; 03.06.2013 12:48.

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Hallo Dany,

schön komprimiert zusammgefasste Fakten und Lobgesang - wirklich!
Vielleicht kann ich deine Fähigkeiten nochmal verwenden. Mal sehn...

Fährst du nach Stuttgart zu Mercedes zum S-Klasse Treffen?
Da könntest du uns gut vertreten und es ist doch ein Katzensprung für dich dorthin


Gruß Matthias

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Ich bedanke mich für das Lob. Wann wäre denn das S-Klasse-Treffen und wo genau?
Grüße aus Bensheim


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Es bestünde allerdings noch die Frage, inwiefern ich uneingeschränkt an dem Treffen teilnehmen darf. Ich bin nämlich erst kürzlich 17 Jahre alt geworden, d.h. wenn ich in den Threads der Erläuterungen halber von "Ich fahre..." rede, dann meine ich momentan noch meinen Vater, zumal der Führerschein erst im Sommer absolviert ist, alleine fahren darf ich dann erst nächstes Jahr, Selbiges gilt auch für das angenehm röhrende Coupé 89. Als umso unüblicher empfindet es demnach der Bekanntenkreis, dass ich regelmäßig derart lange textliche Darnietungen zu schreiben vermag...
Sofern das persönliche Alter für das Treffen der großen MB-Luxuslimousinen kein Hindernis darstellt, könnte dies natürlich eine interessante Erfahrung sein (immerhin fuhren wir auch mal übergangsweise einen 2,6L-W126), wenn auch Stuttgart dennoch kein "Katzensprung" von mir entfernt ist !
Wie dem auch sei, arbeiten Sie denn selbst in der Schreibbranche?


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Siehe Tread von Susanne

Coffee & Cars Bei Mercedes


Gruß Matthias

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