Hi,
ich bin generell deiner Meinung, möchte das aber doch noch etwas diskutieren. Ich bin ja auch mit einem Hund groß geworden und wir haben selbst einen Schäfer.
Wenn ein Hund ein Fehlverhalten an den Tag legt, ist der Fehler in 99% der Fälle beim Halter zu suchen. Man kann selbst einen Wolf halten, wenn man weiß, wie man sich zu verhalten hat (Tatsache). Nur liegt da eben der Hund begraben.
Ein Golden Retriever kann genauso einen Menschen anfallen, wenn ausreichend viel in der Erziehung schiefläuft. Ebensogut kann ein Rottweiler ein völlig harmloses Wesen sein. Überzüchtung ist bestimmt auch ein Faktor, aber gerade "Kampfhunde" (blöder Ausdruck) sollten unter diesem Problem nicht zu leiden haben.
Die aktuelle Häufung solcher "Hund-Mensch-Übergriffe" ist doch nur die logische Konsequenz folgender Faktoren:
- (Nicht artgerechte) Tierhaltung (in Ballungsräumen). Ich würde einmal damit anfangen, Rudeltierhaltung in bevölkerungsreichen Gebieten generell zu verbieten. Was bitte hat ein Hund in einer Stadtwohnung verloren. Dann hat man das "Gackerl"-Problem auch gleich erledigt. Wobei das Argument der Größe nicht zählt - eine Dogge hat iaR. weniger Probleme mit kleinem Lebensraum als bspw. ein Retriever.
- Selbstüberschätzung und mangelnde Vorinformation bei der Rassewahl. Ein Schäfer gehört nicht in Anfängerhand, genausowenig wie ein Rottweiler. Das liegt nicht am Gefahrenpotential dieser Hunde, sondern an ihrem Bedürfnis nach Führung. Nicht alle Hunderassen benötigen gleichermaßen einen Leitwolf, um sich unterzuordnen.
- Mangelnde (fehlende) Erziehung und mangelnde Konsequenz in der Haltung. Ich behaupte gar nicht, dass es an den Vorsätzen mangelt, aber die wenigsten Leute sind wirklich konsequent - sei es bei der Haltung an sich, beim Besuch der Hundeschule oder beim notwendigen Auslauf. Ein wenig bewegter Hund ist ein unzufriedener Hund ist ein aggressiver Hund - das ist beim Menschen nicht anders. Dito ist ein inkonsequent gehalterner Hund ein unzufriedener Hund - auch das dürfte beim Menschen so oder so ähnlich zutreffen.
- Mediengeilheit und Neue Medien generell. Es ist doch immer dasselbe - gibt's irgendwo etwas Skandalöses, wird jeder Furz von einem Vorfall zum Skandal hochgepushed. Siehe "Killerspiele" und dergleichen. Sauberer Journalismus ist was anderes. Hinzu kommt, dass heutzutage all das, was früher höchstens in Klatschspalte des Lokalblattes auftauchte, heute im Nu (inter-)nationale Verbreitung findet, auch dank Internet. Früher wurden genauso Menschen von Hunden gebissen ("angefallen") und früher war auch Hundehaltung noch viel unaufgeklärter - aber wen hat's interessiert?
Meiner Meinung nach ist das Übel nicht das Tier, sondern der Mensch. Doch wie oft werden nicht die Wurzeln der Probleme ergründet und dagegen vorgegangen, sondern Symptome bekämpft. Das Verbot gewisser Rassen ist eine medienwirksame, aber völlig sinnlose Sanktion. Das kommt meiner Meinung nach dem Verbot von Sportwagen zur Senkung der Anzahl Verkehrstoter gleich - nicht so logisch, oder?
Ein "Hundeführerschein", wie er bei uns in Österreich ja, soweit ich weiß, im Raum Wien inzwischen für gewisse Rassen verpflichtend ist, ist generell keine schlechte Idee. Die Umsetzung ist nur erwartungsgemäß unzufiedenstellend. Aber das überrascht mich auch nicht besonders.
Ja, es gibt Hunde, die man wirklich unter Kontrolle haben muss und JA, man sollte sich ein System überlegen, um solche Hunde nur in erfahrene Hände zu geben. Und ja, es gibt sehr wohl eine Daseinsberechtigung für JEDES Tier, auch wenn ich der Meinung bin, dass gewisse Züchtungen eine einzige Tierquälerei sind (aber das ist ein anderes Kapitel). Aber eine "Verbannung" gewisser Arten ist höchstens eine Alibi-Lösung. Wenn man sich so eine Idee einmal in Bezug auf den Menschen auf der Zunge zergehen lässt, landet man schnell bei äußerst grenzwertigen Themen. Bei Tieren jedoch, welch Überraschung, fällt jegliche moralische Barriere.
Das Stichwort Ausrottung ist im Übrigen hier gar nicht so ganz unberechtigt - ein ganzer Haufen von Tierrassen wurde rein durch Angst und Hetze in den letzten Jahrhunderten vom Mensch, teilweise sogar völllig, ausgerottet. Da hätte es sicher auch "humanere" Lösungen gegeben...
My 2 cents
Bastian