Hi,
wenn ich dich so lese kommt es mir vor, als würdest du meine eigene Geschichte erzählen. Ich kann dir nur wünschen, dass sie nicht so (lange) weitergeht, wie bei mir. Eigentlich hab' ich sowas aus dem Forum bisher rausgehalten (irgendwann wird's dann doch zu persönlich), aber was solls.
Bei mir war das 2004, als es krachte, nach "nur" 2,5 Jahren (also manche hier kennen meine Exfreundin sogar noch). So plötzlich kam es aber nicht, es hat wohl schon monatelang nicht mehr richtig gepasst. Die Gründe waren vielfältig, Fernbeziehung war es keine - auf den Nenner gebracht hat es sich in Eifersucht und mangelnde bzw. zuviel Aufmerksamkeit verrannt. Das passiert gerne (und) schnell, wenn einer von beiden längerfristig ein Gefühl der Unzufriedenheit verspürt (in dem Fall war das ich) und der andere dann nicht beidreht und/oder man nicht in der Lage ist, sich wirklich auszureden - auch nach viel Geduld nicht. Was übrig bleibt, ist das dauernde Gefühl, zuwenig zu sein und um die Aufmerksamkeit des anderen kämpfen zu müssen. Irgendwann kommen dann die Lügen, die Ausflüchte, besonders schlimm, wenn man zufällig dahinterkommt. Kurzum hatten wir einfach unterschiedliche Kapazitäten und Vorstellungen. Das geht nicht ewig gut.
Und irgendwann fühlt sich dann einer von beiden derart unter Druck gesetzt, dass er aufgibt. Und das passierte dann auch. Für den Moment war das genau so, wie du es beschreibst: Alle Last fällt von einem. Aber keine zwei Tage später kommt die Ernüchterung: jetzt ist das alles vorbei, weg, ein Freund ist fort. Natürlich hab' ich mir eingeredet, dass es bei einer Freundschaft bleiben würde, aber dann hab' ich irgendwann gründlich überlegt, wie das funktonieren sollte. Über gemeinsame Interessen? Zu schwach. Über gemeinsame Freunde? Waren in Wahrheit nicht mein Ding. Über den Charackter des anderen? Naja, der hatte ja mehrere Haken... und in jedem Fall würde jedesmal wieder alles hochbrodeln.
So stellte ich also fest, langsam und schmerzvoll, dass nichts außer dem Nachtragen übrig bleibt und man es höchstens noch als "so in Zukunft nicht mehr" verbuchen kann. Normalerweise ist hier ja Schluss, man lernt neue Menschen kennen und man vergisst das ganz irgendwann - Zeit heilt Wunden und so.
Normalerweise. Wien ist eine richtig große Stadt, sogar mit großen Unis und vielen guten Gründen, warum man sich nicht dauernd begegnen muss. Freilich ging's mir anders. Dauernd lief ich ihr irgendwo über den Weg, und krankerweise hatte ich's meistens im Gefühl. Das machte mich irgendwann richtiggehend nervös, da es natürlich nicht immer angenehme Dinge waren, die man in ihrer Begleitung fand (ich konnte mich zwar gut damit trösten, dass es keine auffälligen Begleitungen waren, aber es schmerzt ganz einfach). Auffällig war höchstens, dass sich das gute Mädel nach zweieinhalb Jahren kann man sagen nicht im geringsten um diese Zeit scherte. Kein Anruf, kein Nachragen, wie's einem geht, kein Versuch, einen losen Kontakt zu halten. Ein paar Abschiedtränen damals, und dann war's still. Auch mit dem neuen Freund war sie relativ flott, wie mir von übereifrigen Freunden zugetragen wurde.
Bis die Gute dann im Frühling 2005 den Einfall hatte, mich "unabsichtlich" anzurufen, um mir "bei der Gelegenheit" verheult zu erzählen, wie unheimlich wichtig ich für ihr Leben denn nicht gewesen sei und dass ich viel mehr als eine blasse Erinnerung sei usw. Da war ich schon lange Zeit mit meiner jetzigen Freundin zusammen (inzwischen seit fünf Jahren und weitaus glücklicher, als ich es vorher je erlebt habe, trotz des einen oder anderen Aneinanderkrachens), dennoch hat's mich - g'schert gesagt - "am Scheißer g'haut". Dann noch einmal ein angehängtes Gespräch mit der Aufforderung zur jederzeitigen Kontaktaufnahme ihrerseits und dem Vorschlag eines Treffens. Dann wieder Stille.
Und als ob es nicht genug gewesen wäre und - wie Roy es richtig festgestellt hat - nicht die alten Wunden wieder weit genug aufgerissen hätte, ruft sie auf einmal zum Geburtstag an und tut so, als wär' nie was gewesen und macht Smalltalk. Dann wieder ein Jahr lang Stille und ein erneuter Anruf. Dann treffen wir uns irgendwo zufällig und tasten uns gegenseitig verbal ab (man muss ja wissen, wo man steht) und auch mir fehlt der Mut, aber auch die Gelegenheit, Wichtiges zu besprechen.
Und dann kommt auf einmal eine Mail, und wieder reißt es alles auf. Das war Anfang 2008. Gleichermaßen herzlich wie gleichgülitg. Und ich grüble (heute noch), worum es im Endeffekt geht oder ging, und finde keine postiive Sichtweise. Es ist und bleibt egoistisch, egozentrisch. Wem soll das helfen? Mir? Uns? Nein, letztendlich nur ihr. Denn auch sie ist in Wahrheit bis heute nicht über das Geschehene hinweggekommen. Aber nicht deshalb, weil sie der Meinung ist, ihr Verhalten wäre daneben gewesen (und das war es meiner Ansicht nach), sondern deshalb, weil sie es einfach nicht ertragen kann, mit irgendeinem Menschen auf dieser Welt in Disharmonie zu leben. Und ich tue ihr (und wahrscheinlich auch mir selbst) den Gefallen nicht, das ganze als gleichgültig und/oder vergessen hinzustellen. Ich bin sonst kein sehr nachtragender Mensch, aber bei dem Gedanken, all den Schmerz, die Tränen, die Hilflosigkeit einfach zu vergessen, bekomm' ich Sodbrennen.
Als krönender Abschluss kam von ihr in der letzten Mail dann noch die wohl heftigste Frage: "Ich wusste einfach nicht, was du von mir wolltest". Damit habe wohl ich diese Mail zur letzten gemacht. Es gab' nach ausbleibender Antwort auch keine Geburtstagsgrüße mehr. Und dann mache ich den kapitalen Fehler und fange an, mir Sorgen zu machen. So viele Jahre dann doch immer der Anruf, und jetzt nichts mehr. Dumm, wirklich dumm. Aber natürlich habe ich mich dann den Affen gemacht und mich gemeldet.
Und was kam raus? "Hatte keine Zeit". Zum Glückwünschen (ich hab' daraus eh kein Sakrileg gemacht, aber sie nahm es immer zum Anlass, Kontakt aufzunehmen. Ich bin sonst kein Datumsreiter...)?! Zehn Zeilen Entschuldigungsfloskeln später hatte ich es dann wieder einmal gründlich satt. Danke, es reicht. In Wahrheit hat sie sich wohl in keiner Faser ihres Daseins und Fühlens geändert, alles hört sich noch gleich an wie vor beinah' 7 Jahren. Immer noch dasselbe Bedürfnis, allen gefallen zu müssen, dabei aber nie über den eigenen Schatten zu springen.
Und wie es der Teufel so will, läuft sie mir vor ein paar Wochen auf einer Veranstaltung über den Weg - im Schlepptau den Kerl, mit dem sie die Zeit schon verbrachte, als sie noch die Beziehung mit mir hatte. Gut, das wusste ich und es war nicht verblüffend, aber nicht einmal der Hauch eines Genierens war da. Und wieder war da dieser fast schon verdächtig leichte Smalltalk, wo man sich gegenseitig die Erfolge an die Stirn schmettert, um über die nicht so schönen Dinge nicht reden zu müssen. Als würde man einen alten Bekannten treffen, den man höchstens ein paar Tage im Leben um sich hatte.
Und da bemerkte ich, dass sie zwar nun wohl in der Lage ist, die Dinge zu tun, die für sie damals in unserer Beziehung undenkbar waren, sie aber gleichermaßen bis heute nicht den Schneid gehabt hat, die Probleme von damals wirklich zu lösen. Und mir wurde plötzlich und schlagartig klar, dass wir wohl noch immer die selben Differenzen hätten, wären wir noch zusammen. Und das wäre ein noch viel größerer Horrortrip gewesen.
Das Schlimme ist, diese ganzen Wiederbegegnungen nach einer so miesen Trennung laufen zumindest für mich auf eine Lose-Lose Situation hinaus. Hätte sie sich verändert, müsste ich mir die Frage stellen, warum es jetzt plözlich geht und könnte wohl heute noch nicht eine gewisse Eifersucht unterdrücken (auch wenn ich mir mit jeder Faser meines Körpers keine Beziehung mehr mit ihr vorstellen kann) und ist doch alles noch beim Alten, so stelle ich mir die Frage, was für eine ach so große Rolle ich nun in ihrem Leben gespielt haben soll.
Gut, man muss fairerweise sagen, ohne sie hätte ich mir nie einen V8 gekauft und ohne mein Bedürfnis, ihr zu beweisen, dass ich auch ohne sie sehr gut klarkomme hätte ich auch nie so konsequent fertigstudiert. Auch hätte es mich nie in die Arme meiner jetzigen Freundin getrieben. Dafür muss ich ihr wohl dankbar sein

Aber was ist nun die Moral an der Geschichte (es soll ja dir was bringen): Lass dich nicht auf eine Pseudo-Freundschaft ein, bei der du im Prinzip nur dazu da bist, ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Gerüchteweise tendieren manche Mädels ganz gerne zu sowas (ich bin ja kein Einzelfall) und gerüchteweise gibt es auch genügend blöde Männer, die mitspielen. Ich kann natürlich nur schwerlich beurteilen, wie es bei euch wirklich ist und ob das ganze eine echte Freundschaft werden kann (und es kann doch, wie es meine Bezieung mit meiner ersten Freundin (ein bayrisches Landmädel, ist halt doch was anderes als eine Wienerin

) eindrucksvoll beweist), aber oftmals geht es ganz einfach gar nicht. Und wenn es auf so etwas hinausläuft, brich den Kontakt ab. Es bringt niemandem was, aber schon rein gar nichts. Sobald du bemerkst, dass du nur ein Platzhalter bist oder der einzige bist, der bereit ist, zu geben, hau bloß ab! Sonst wird's zur langjährigen Tortur und solche Altlasten sind mehr als nur pures Gift, auch für neue Behiehungen. Immerhin hast du das Glück, räumlichen Abstand zu haben.
So, und jetzt bin ich mal gespannt, ob bei mir heute wieder das Telefon klingelt. Zumindest kann ich jetzt ruhigen Gewissens den Anruf ablehnen, denn die zwei Euro pro Minute für eingehende Anrufe in Neuseeland ist mir die Madame wirklich nicht mehr wert

lG
Bastian