Helmut Hutten, Schnelle Motoren,1990 9.Auflage
Bild 19.26 Der Audi-V-8 ist nicht der erste Audi-
Achtzylinder, aber der erste nach fast 60 Jahren,
denn vor 1930 entstanden in Zwickau (unter der
Rasmussen-Ägide [2], teilweise mit US-Rickenbakker-
Lizenz und Produktionsmitteln) drei sv-Reihenachtzylinder
mit langhubigen 4,37 bis 5,131 (z. B. mit
80x122 mm für 4,87 I) und 70 bis 100 PS. Sie
ernteten, von ihrer Konstruktion und Zeit bedingt,
wenig Anklang und Erfolg. Hingegen glänzt der moderne
V-8 mit Bestwerten für Leistung und Laufkultur
bei geringem Bauvolumen (51 x66x62 cm) und
Gewicht (200 kg) - und damit durchaus einem
»Horch« gerecht. Nach der Entscheidung für das
(vornehmlich Neckarsulmer) Projekt im Mai 1984
stand der erste Motor schon im Dezember auf dem
Prüfstand, absolvierte der Fahrversuch vorder Präsentation
im September 1988 sieben Millionen Kilometer.
Die Hauptabmessungen (81 x86,4 mm, 3,56 I) und
2-ohc-Zylinderköpfe samt Größen und Winkeln der
32 Ventile entsprechen weitgehend der 1,78-l-Vierventil-
Version, erfordern folglich keinen Kommentar.
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Die kurzen Ketten zwischen Außlaßnockenwellen
(mit je einem Zündverteiler) und einlaßseitigen liegen
im linken Kopf vorn, im rechten hinten und
kompensieren den 18,5-mm-ZyHnderversatz der
90°-Gabelung. Umso eigenständiger das Fundament:
der »closed deck«-Leichtmetallblock (28 kg)
enthält unbewehrte Laufbahnen für eisenbeschichtete
Leichtbaukolben mit »Zinn-Flash«-Notlaufschicht
(je 338 g + 100 g für 21er Bolzen) über
154 mm Pleueln (kompl. 621 g). Die geschmiedete
und vollgewuchtete Chromstahl-Kurbelwelle mißt an
den Zapfen 65 und 54 mm 0 vor einem Schwungrad,
das zu einem »Reifen« auf elastischer Grundplatte
abgemagert ist. Die Zahnradölpumpe, wie die
Wasserpumpe im Gehäuse eingefügt und vom
30 mm breiten, glasfaserverstärkten Nockenwellenzahnriemen
angetrieben, fördert bis zu 100 l/min
(Umwälzzahl bei 9,5 I Vorrat 630) vor einem thermostatisch
gesteuerten Ölkühler - parallel zum Viskolüfter
des Kühlkreislaufs. Öistrahlen unter den Kolbenböden
entspringen nicht den Pleuelfüßen, sondern
Doppeldüsen im Hauptkanal. Eine hohe »Ölwabe
« entschäumt das Öl (speziell für die Hydrostößel)
und begradigt den Pegel (bei Längs- und Querbeschleunigung).
Die zweiteilige Ansauganlage enthüllt ein »Schlangennest
«, in dem acht 48-cm-Schwingrohreförmlich
zusammengerollt und (auch innen) mit Speziallack
geglättet sind, dazu einen Stutzen mit zwei Drosselklappen
und eine »Meßstrecke« mit Hitzdraht-Luftmassenmesser
der fvl-2.4-Motronic mit allen zeitgerechten
Funktionen einschließlich Zylinder-selektiver
Klopfregelung (für ROZ 95, auch 91). Auch die
rostfreie Auspuff anläge enthält einen Kunstgriff- als
»Kreuzung« beider Teilströme (wo die Lambdasonde
sitzt) vor zwei Katalysatoren. Sie bewirkt, wie die
gesamte »Mechanik«, daß der Motor leiser läuft als
die (allesamt angetriebenen) Räder und Reifen. Neben
den Zahnriemen der Steuerung arbeitet auch
der »Poly-V-Riemen« für alle Nebenaggregate »lebenslängliciv.
Die Leistung beträgt 184 kW
(250 PS) bei 5800/min - und damit über 0,9 kW/kg
oder fast 1,25 PS/kg - und 340 Nm bei 4000/min (pe
= 12,0 bar) [260, b].
Ungeachtet seiner absoluten und spezifischen Leistung,
der Bauraum- und Gewichtsquotienten, gilt
der Audi-V-8 als »Komfortantrieb«. Ob er außerdem
die Vorstufe zu einem V-12 darstellt oder mit größerem
Hubraum. Fünfventilköpfen und Biturbo-Aufladung
auf 300 kW (400 PS) hinzielt - oder beides -
muß die letzte Dekade dieses Jahrtausends erweisen.
Am vollen 4-l-Hubraum arbeitet angeblich Öttinger
bereits nach bewährten Mustern...
Umso dynamischer züchtet Audi zunächst die Leistungen
der Fünfzylinder mit kräftigem Turboschub,
die in der Tat bei Vergleichstests dem komfortablen
(erheblich schwereren und »Automatik-getriebenen)
Achtzylinder das Nachsehen geben. Der 2,3-1-
Saugmotor (82,6x86,4 mm, je vier Ventile 32/
28 mm gemäß B. 19.25) entfaltet 125 kW (170 PS)
bei 6000/min und 220 Nm bei 4500 (pe = 12 bar) -
auch als bemerkenswerte Parallele zum 1,78-i-VWVlerzylinder
mit »G«-Lader. Die Turbo-Serien erreichen
162 kW (220 PS) bei 5700/min und veritable
309 Nm schon bei 1950 (pe = 17,4 bar) in Verbindung
mit einem kaum registrierbaren »Turboloch«.
Zum Steckbrief zählen 81x86,4 mm, 2,23 I.
Schmiedekolben, max. 0,83 bar Ladedruck mit Ladeluftkühlung,
9,3:1 dank Bosch-Motronic mit sequentieller
Einspritzung und Klopfregelung.
Die in diesem Konzept verankerten Reserven bekundeten
Rekord- und Rennmotoren - nach den
imposanten Rallye-Siegen von 1981 bis 1986 (vor
dem Rücktritt nach etlichen fremden Zuschauerunfällen):
da gewann Walter Röhrl im »Sport-Quattro«
gegen ein starkes Peugeot-Team, gegen Mazda,
einen (ausgefallenen) »Bimotore«-Golf und die heimische
Phalanx das spektakuläre Rennen - 20 km
mit 150 Spitzkehren - auf den 4300 m hohen Pikes
Peak in Colorado (wie schon seine Markengefährten
Michele Mouton 1985 und Indy-Idol Bobby Unser
1986). - Da spulte ein »200 Quattro« (mit sinnvollem
Zubehör ausgestattet und auf cw 0,27 frisiert) am 2.
April 1988 auf dem Nardo-Oval binnen 12 Stunden
über 3600 km herunter, gut für die Weltrekorde über
500 Meilen und 1000 km (mit 324,5 und 326,4 km/h)
sowie weitere sieben Klassenrekorde, z. B. mit 331
km/h für 1 Stunde.
Vom Rekordmotor (mit Katalysator) deklarierte das
Werk 79,5 x 86,4 mm, 2,14 l, Ladedruck des KKK-28
bis zu 3 bar bei 7,5:1 für 478 kW (650 PS) bei 6200
(pe = 43 bar) - vor allem aber 5x5 Ventile, wobei je
drei Einlaßventile - das mittlere leicht gespreizt wie
bei Yamaha - 20% mehr Fläche besäßen, demnach
je 19 mm messen. Nach diesem Supertest bestritt
Audi erstmalig mit einem »200-Turbo-Quattro« (mit
vier zugeschweißten Türen) die TransAm-Rennserie
(deren ersten Lauf 1966 Jochen Rindt mit einem Alfa
gewann, seither aber ausnahmslos einheimische
Fahrer und Marken). Obgleich das (ansonsten großzügige)
Reglement den Fünfventilkopf verbot, errangen
H. Haywood, Walter Röhrl und H. J. Stuck
acht Siege, die zum Marken- und Fahrertitel (mit
Haywood) reichten. Die zunächst kolportierte Leistung
von 550 PS bei 1,8 bar Ladedruck stieg vermutlich
im Lauf der Entwicklung kräftig, vergleichbar
den letzten Turbomotoren in der Formel-1...
Dasselbe gilt für den Nachfolger - einen 1200 kg
schweren, mit Rohrgittern ausgekreuzten »Audi-90-
Quattro-GTO« für die IMSA-Serie 1989 (International
Motorsport Association). Hier landeten Röhrl
und Stuck trotz sieben Siegen nach etlichen Ausfällen
(durch gerissene Zahnriemen oder Ölleitungen
der Trockensumpfschmierung) hinter Ford-Mercury
auf »Platz 2«. Denn man schrieb dem jetzt 2,2 I
großen Fünfzylinder (81 x86,4 mm) zuletzt bei 3 bar
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