gefunden beim swr:
Brief der Woche anVW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech
Lieber Ferdinand Piech,
ich schreibe Ihnen einen Brief damit Sie sich freuen, obwohl Sie sich ja eigentlich alles, was Freude macht, selbst besorgen – also: kaufen können. Ich will damit nicht sagen, dass Sie es leicht hatten als Porsche-Enkel, aber wenn's drauf an kam, war immer genug Geld da.
Egal, ob Sie bei Porsche einen Rennwagen produziert haben, der sogar der Familie Porsche zu teuer war, wie der 917er. Ob Sie bei VW Luxuswagen produziert haben, die kein Geld brachten, wie den Phaeton. Ob Sie unbedingt den stärksten Sportwagen der Welt bauen lassen mussten, wie den Bugatti mit 1001 PS, der in zehn Minuten 100 Liter Super verbraucht und damit mehr als die alte JU52, ein Flugzeug mit drei Motoren: Sie sind ein Mann der Superlative, mit zwölf Kindern von vier Frauen, der sich immer richtig reinkniet, wenn ihm etwas wichtig erscheint. Und meist konnten Sie ja mit Ihren Eskapaden das Geld anderer Leute verbraten.
Klar dass, wer so viel hobelt, auch viel Späne hinterlässt, will sagen, da sind eine Menge Menschen auf Ihrer Strecke geblieben, heute sagt man wohl "Kolateralschäden" auf Ihrer Straße zum Sieg, also zum Höhepunkt - Ihrer Karriere.
In dieser Woche haben Sie noch mal in aller Öffentlichkeit über Ihren Nachfolger auf dem Chefsessel bei VW, den Bernd Pischetsrieder, gesagt, was Sie einem Angestellten nicht ins Zeugnis schreiben dürfen: dass es ein Fehler war, ihn eingestellt zu haben.
Ich hab mich damals auch gewundert, als Sie ihn eingestellt haben, weil ja schließlich der Pischetsrieder als BMW–Chef Ihnen mal Rolls-Royce verkauft hat und Sie erst hinterher gemerkt haben, dass Sie zwar die alten Fabriken gekauft hatten, aber nicht die Namensrechte von Rolls-Royce. Und damals gab es schon Menschen, die gesagt haben, der Piech vergisst nie, wenn ihn mal einer hat blöd aussehen lassen.
Dann haben Sie den Pischetsrieder zu VW geholt, der hat den Laden auf Vordermann gebracht, durfte sich dabei mit der IG Metall rumärgern, die aus Ihrer Zeit ziemlich verwöhnt war durch teure Dienstreisen, hohe Gehälter und Puff-Besuche. Da waren die VW-Aktien für den Porsche- und Piech-Familien-Clan gerade billig zu haben. Und als der Pischetsrieder seine Arbeit getan hatte, also auch Ihre teuren Fehlentscheidungen ausgebügelt hatte, da haben Sie ihn feuern lassen. Inzwischen ist die VW-Aktie vor allem Dank Pischetsrieder wieder viel mehr wert, ihre Familie dank der VW-Aktien noch reicher und seit dieser Woche sind sie nun der starke Mann bei VW und bei Porsche - und dem Pischetsrieder konnten Sie auch noch mal so richtig ins Kreuz treten.
Respekt lieber Herr Piech, Sie geben dem Kapitalismus ein Gesicht – auch wenn es nicht schön ist.
In diesem Sinne grüße ich Sie ganz herzlich
und verbleibe mit angemessener Hochachtung
Ihr Fan
Uli Becker
Alle Sendetermine:
21.04.2007, 14.00 Uhr, Arbeitsplatz, SWR1
