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#125204 01.02.2007 01:26
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Carpal \'Tunnel
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Carpal \'Tunnel
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Ay Gemeinde.

Ich bin gestern Abend seit langem mal wieder im KVG Bus durch Kiel gefahren.
Im Gepäck die Gitarre, zwei Flaschen Wein und eine Menge Gesprächsbedarf.
Neben mir eine fette Frau mittleren Alters mit ihrem nach Schweiß stinkenden Sohn, vor mir ein vom Leben genervter Teenager mit Knopf im Ohr, hinter mir der Senioren-Scrabble-Club in reger Diskussion um den bevorstehenden Abend.

Man sieht die Stadt mit anderen Augen.
Die Geschäfte ändern sich, aus Bäckereien werden Discount-Back-und-mehr-Shops, aus Elektro-Fachmärkten werden Handy-und-mehr-Shops und aus Klamottenläden werden 1-Euro-und-mehr-Shops.
Über allem liegt der Nieselregen einer post-Dämmerung am letzten Januartag des Jahres.
Komische Melodien kreisen in meinem Kopf, während der Wind alte nasse verklebte Zeitungen über die seltsam leeren Straßen fegt.
Passanten fliehen unter umgeklappten schwarzen Regenschirmen vor dem Wetter oder vor ganz anderen Dingen, die ich nicht ahnen kann.
Schummerig beleuchtete Telefonzellen erzählen von Gesprächen über Liebe, über Leid, über Fröhlichkeit und über Kummer. Gespräche, die geführt wurden und längst vorbei sind. Die Telefone sind stumm.
Ladenpassagen schließen hinten den letzten Kunden ihre Türen, Geschäftsführer holen die Werbeschilder rein und bauen die Außendekos ab.

An einer Ampel steht ein kleiner Junge und guckt betreten auf den Boden. Er sieht das grüne Männchen, bleibt aber stehen. Ich drehe mich um und sehe zu ihm zurück, während der Bus weiter fährt. Und irgendwann ankommt.
Der Bus hat das geschafft. Warum fällt das in anderen Bereichen so schwer?

Auf einer alten Litfass-Säule steht Total-Ausverkauf. Stimmt. Wenn die wüssten, wen sie damit alles meinen könnten.

Viele Stunden später. Der Rückweg ist anders.
Über der Stadt liegt die verregnete Ruhe der frühen Morgenstunden mitten in der Woche. Die Zeit, in der die meisten noch nicht aufstehen müssen und selbst die Spätschichtler schon im Bett liegen. Bis zur Morgendämmerung ist es noch lange hin. Busse fahren keine mehr.

Der Taxifahrer ist freundlich und versucht in einer Tour, mit mir ein Gespräch über Gitarren anzufangen. Da die beiden Weinflaschen aber inzwischen ihrer Bestimmung zugeführt wurden bin ich keine gute Unterhaltung für ihn. Also fahren wir durch die Nacht in einen neuen, ungewissen Tag.
Es ist ein Donnerstag.

Ihr habt einen lustigen Sandman Text erwartet, nicht wahr? Nööö, heute nicht.
Aber wisst ihr warum ich wieder froh bin, dass ich Geld verdiene?
Es ist viel angenehmer, im Taxi zu weinen als im KVG Bus.

Sandman


Alles wird gut.

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Carpal Tunnel
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Carpal Tunnel
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Da hast Du recht, jetzt wo du es sagst, wenn man selbst fährt sind es andere Dinge auf die man achten muss. Wird man gefahren, fallen einem Dinge auf, für die man keine Zeit hat drauf zu achten.

Die Zeit von den Tankstellen mit dem Tankwart und seinem Kassenhäuschen wo es nur Schokoriegel und Ziagretten gab ist vorbei, mitlerweile sind es doch Supermärkte mit angschlossener Tankstelle, wenns nicht so teuer währe könnte man da sein Wocheneinkauf machen.
My 2 cent



Gude Mario Audi 100 CD Autom. Bj.83 Audi 200 20v Bj.89 Audi 5000 Bj.85 Audi V8 3,6 Autom. Bj.88
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hmm...
klingt nach ner schwierigen Situation, also irgendwie nicht sehr angenehm...
...die Zeit verrinnt und man hat keine Zeit mehr manche Dinge zu sehen- man verpasst viele Dinge...
Sowas fällt mir auch immer auf, wenn ich mal mit dem Zug fahre oder so (kommt nur vor- wenn ein verirrter Opa seinen Führerschein verliert- das Auto ewig weit weg steht -und der Peter sich aufopferungsvoll einen Fahrschein löst um das Auto ewig weit weg (1,5std Zugfahrt) bei dem Polizeiposten abzuholen... )

das war im Sommer (die Geschichte mit dem verirrten Opa der voll - uriniert war)
mittlerweile läuft der Kerl nur noch durch den Ort- den Bierkasten den er ab und zu holt mit dem Leiterwagen ist immer halb leer, wenn er Zuhause ankommt... da hat er nicht viel davon...

aber ist mal wieder ne ganz andere Erfahrung, man sitzt rum, beobachtet andere Leute- da bin ich immer gleich gut gelaunt- ZEIT zu haben... ist echt selten geworden..

viele Grüße, Peter!


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aye jens,
ich glaube ich weiß was du meinst. mir geht es genau so! ich bin genau so wie du: ich habe den glauben an der menschheit veloren! oder denke , dass die menschheit verloren geht, nächstenliebe oder "ich helf dir mal" gibt es nur noch selten. wenn ich einsame menschen sehe, bin ich auch kurz vorm weinem. ich bin selber kurz vorm verzweifeln, doch vielleicht gibt es jemanden der meine hilfeschreie hört. habe ne menge von dir gelesen! und muß sagen, schade dass du nicht zu einen meiner freunde (bekannten) gehörst. hät mir bestimmt ne menge geholfen. in diesem sinne! ich mag deutlich deine öffentliche anregung!
viele grüße mario

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setz dich in deinen audi v8 und fahr ins grüne zum abschalten!! dann wirst sehen wie schön doch das leben sein kann.



Gruß Günter avzansbach@aol.com

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